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Klangraum Kirche
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03.11.2021

Liedauswahl während Corona eine Reminiszenz

Als keiner sang, konnte auch manch alter Liedschatz gehoben werden...?!

Um das vorwegzuschicken: ich arbeite gern mit dem Neuen Gotteslob und halte es für eine mehrheitlich gelungene Sammlung für den gottesdienstlichen Gebrauch. Aber…:

Seit ungefähr zwei Monaten wird in meiner Gemeinde wieder mit Maske gesungen, davor herrschte anderthalb Jahre gemeindliches Nichtsingen. Vor einem Jahr also habe ich entweder selbst vorgesungen, eine Solistin oder Chorsängerin zu Gast gehabt, ein Orgelstück gespielt oder eine Art Lied-Sprech-Motette erlebt. Dabei kam mir irgendwann in den Sinn, dass, wenn nun niemand mehr ein Gesangbuch in der Hand hat (und in unserm Fall auch nichts gedruckt oder projiziert wurde), ich auch getrost einmal wieder einen Blick ins Alte GL werfen könnte.

Was mir dann unter die Finger kam waren Psalmparaphrasen von Rolf Schweitzer, im Neuen verloren gegangene Lieder zu einzelnen (Hoch)Festen und den geprägten Zeiten sowieso manch liebgewonnener, wenngleich auch ewig ruckelnder, Kehrvers. Es war wie Blättern in einem Fotoalbum. Ein Sicherinnern und beim Spielen oder Vorsingen gleichzeitiges Mitvollziehen von Texten und Melodien, die weite Strecken meiner kirchenmusikalischen Sozialisation maßgeblich geprägt haben. Musikalische Wurzelpflege quasi. Dazu am Werktag mal eine dreistimmige Invention von Bach zur Gabenbereitung oder Teile einer Böhmschen Clavier-Suite zur Kommunion. Das wurde zu meinem täglich Organistenbrot…

Alles Dinge, auf die mich erst der musikalische Mangel nicht vorhandenen Gemeindegesangs brachte. Ob all diese Notlösungen die tätige Teilnahme gefördert haben? Sicher nicht! Aber außer mir schien das niemanden zu stören. Ob sich eine Gruppe durch eine gemeinsame Aktion, wie Singen, konstituierte oder nicht, fiel der epidemischen Notlage zum Opfer. Jetzt betreiben wir seit acht Wochen sängerischen Muskelaufbau und ich hoffe sehr, dass wir – spätestens wenn die Masken nächstes Jahr komplett fallen – wieder einmütig, vielkehlig, schmetternd gemeinsam musizieren: der Organist mit der Gemeinde als Duett-Partnerin. Natürlich nur aus dem Neuen Gotteslob!

Wir leben in einem Land, das – ausgelöst durch Reformation und Gegenreformation – ein Kulturgut hat entstehen lassen, das Gemeindelied, welches unter dem Begriff „Choralgesang“ zum immateriellen Weltkulturerbe zählt und seit dem zweiten Vaticanum vollziehendes Element im Gottesdienst ist. Seien wir stolz auf unsere Kirchenliedtradition und lassen sie nicht durch die verordnete Zwangspause abebben.

Simon Daubhäußer, Dortmund

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