Der Bonner Musikverlag Dr. J. Butz hat ein Heft für Orgel solo mit zwölf Bearbeitungen von romantischen Orgelstücken für den Messgebrauch herausgegeben. Unter dem Titel „Brevissima!“ hat Werner Freiberger viele der bekanntesten Orgelwerke von Dubois, Lemmens, Widor, Guilmant, Vierne und anderen Komponisten verkürzt, damit diese am Ende einer Messe für die „wartenden“ Gottesdienst-Besucher nicht zu lang (d. h. über fünf Minuten) sind, so soll eine „gewisse Unruhe“ vermieden werden. Es wurden aus den Werken die leiseren Mittelteile entfernt und damit Anfang und Ende zusammengefügt. Die Originalität der Stücke bleibt gut erhalten und es ist auch für unerfahrene Zuhörende vielleicht kein Unterschied zu erkennen, ob ein originaler Mittelteil enthalten ist oder nicht. Aber eine Organistin oder ein Organist sollte am Ende einer Messe nicht darauf angewiesen sein, ein verkürztes Stück spielen zu müssen, bei dem vielleicht ein wunderbarer Mittelteil und eine entsprechende musikalische Dramaturgie wegfällt. Die Gottesdienstbesucher, die sich nach dem Segen wieder setzen und der Orgelmusik zuhören, bleiben erfahrungsgemäß auch gern sitzen für die normale Länge des Werkes. Es kann durchaus sinnvoll sein, Wiederholungen zu streichen und so ein Werk zu verkürzen, aber die Orgel muss auch strahlen dürfen – und das darf gerne auch fünf bis acht Minuten in Anspruch nehmen.
Das Orgelheft ist für Organisten mit gutem Fingergeschick und Fleiß zu empfehlen, da die Stücke nicht vereinfacht wurden, sondern in ihrer Spielschwierigkeit erhalten sind. Aufgrund von zeitlich begrenzter Übezeit könnte es sinnvoll sein, die verkürzten Stücke zu üben, dann kann sich im Anschluss auch der gestrichene Teil des Originals vorgenommen werden, um so auch das gesamte Werk zu kennen.
Marco Düker