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Klangraum Kirche
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16.05.2022

Rezension: P. Vasks Hymnus

Hymnus für Orgel (2018), Schott-Verlag ED 23178, 25,00 Euro

Ganz und gar traditionell gibt sich dieses jüngste Orgelwerk des lettischen Komponisten Pēteris Vasks, wenn auch nur oberflächlich und mit dem einen oder anderen postmodernen Kniff. Sein Orgelstück Hymnus, komponiert 2018 im Auftrag des Los Angeles Philhamnic Orchestra, hält in dieser Hinsicht was es verspricht: Ein viertelstündiges Dauerfeuer in E-Dur, unterbrochen hier und da von dem einen oder anderen nachdenklicheren, sogar introvertierten Intermezzo. Der Elbphilharmonie-Organistin Iveta Apkalna gewidmet, verlangt das Stück zwar auf 23 Textseiten nicht unbedingt technisch Unmögliches, aber dennoch ein gutes Gespür der Interpret*innen für eine schöne, glänzende, und vor allen Dingen dramatisch intelligente Registrierung, damit das mantraartig wiederholte Hauptthema nicht auf Dauer monoton wird. Und auch eine große Apotheose zum Schluss wünscht sich der Komponist nach allem vorangegangenen Forte: Zu gestalten gibt es also genug.

Wer bei dieser Wortwahl jetzt aber aufschreckt und den Verdacht hegt, Hymnus fröne nur einer überkommenen, regressiven Neo-Romantik, dem sei entschieden widersprochen. Wohl wahr, dass die eine oder andere melodische Gestalt dezent an Sibelius‘ Sinfonik erinnert, auch scheint Vasks eine Vorliebe für den zu Akkorden häufig beigemischten Klang der großen Septime zu haben. Gleichwohl steht der Komponist in einer gewissen ästhetischen Nähe zur Minimal Music, liebt den glockenartigen Klang parallel geführter Oktav- und Quintketten, die dem Stück hier und da eben doch einen durchaus modernen Sound beimischen.

Mag jetzt aber der eine oder andere denken, dass dieses Ungeheuer wohl kaum zur Anwendung in liturgischem Kontext taugt, so sei dieser Verdacht durchaus bestätigt: Das Stück hat seine beabsichtigten Längen. Wer aber als Organist*in auf der Suche nach einem schönen zeitgenössischen Stück für eine Mittagsmusik ist, in dem die Zuhörer einfach mal beseelt und guter Dinge vor sich hin meditieren können, dem sei dieses große Kleinod wärmstens ans Herz gelegt.

Franziska Classen