16:30 Uhr Konzertbeginn; 16:25 Uhr schließen die Türen. Eine etwas befremdliche Stimmung macht sich breit, denn… die Kirche musste wegen Überfüllung geschlossen werden. Der Grund war dem aus allen Himmelsrichtungen angereisten Publikum klar: Der langjährige Dekanatskirchenmusiker des Dekanats Paderborn, Sebastian Freitag, ließ es sich nicht nehmen, sich mit einem Konzert mit von den Menschen seiner Heimat und der Orgel seiner Heimatkirche zu verabschieden.
Dazu spielte er nicht ein willkürlich zusammengesetztes Programm, sondern eine Auswahl jener Werke, die ihn schon seit den Jahren des Studiums mit seinem verehrten Lehrer Prof. Gerhard Weinberger nachhaltig geprägt hatten. So war es keine Überraschung, dass die berühmte Passacaglia von Johann Sebastian Bach, die der Thomaskantor mit nur 22 Jahren geschrieben hatte, am Beginn des Konzerts stand. Wie immer raffiniert und stiltreu registriert und nuancenreich gespielt, machte Freitag schon am Anfang klar, dass die Ernennung an die Dresdener Kathedrale kein Zufall war. Überhaupt scheint die Orgel in Paderborn-Wewer eine gute Ausbildungsstätte für Domorganisten zu sein, hat doch schon sein Vorgänger Daniel Beckmann von dort aus den Sprung an die Domkirche nach Mainz vollbringen können. Dass Sebastian Freitag das Orgelspiel in der Liturgie ebenso am Herzen liegt wie der konzertante Vertrag, bewies seine Interpretation des „Alleluja“ von Berthold Hummel. Diese Komposition verarbeitet einen österlichen Hallelujaruf der Liturgie und stellt diesen in die Klangsprache des 20. Jahrhunderts hinein. Mit „Cortège et Litanie“ von Marcel Dupré und dem h-Moll Choral von César Franck machte das anspruchsvolle Programm nun einen Ausflug in die Welt der französischen Orgelmusik hinein. Sebastian Freitag zeigte seine Vielseitigkeit auch hier eindrucksvoll: Klar phrasiert, ein gesangliches Legato. Interpretation französischer Orgelmusik, wie man sie sich häufiger zu hören wünscht. Dass Sebastian Freitag mit einem seiner musikalischen Angelpunkte aufhören würde, war keine Überraschung. Die komplexe Phantasie und Fuge über B-A-C-H von Max Reger beendete das Konzert fulminant. Die Zuhörenden waren begeistert und bedankten sich mit stehenden Ovationen.
Sebastian Freitag wird sicherlich im Herzen immer ein Paderborner bleiben. Um sicher zu gehen, dass er dies auch verinnerlicht, überreichte der Leiter des Fachbereichs Kirchenmusik, Dominik Susteck, dem zukünftigen Domorganisten im Namen seiner Kollegen im Erzbistum Paderborn ein Modell des Schlosses Neuhaus aus 1146 Klemmbausteinen. Wir wünschen viel Freude beim Zusammensetzen des Schlosses, aber vor allem beim Aufbau des neuen Lebensabschnitts in Dresden.
Lieber Sebastian, deine zutiefst ehrliche, herzensgute, loyale, fleißig und immer zuverlässige Art waren für mich persönlich immer begeisternd. Die gemeinsamen Konzerte und Aufnahmen werden mir immer eine freudige Erinnerung bleiben. Und so bleibt am Schluss zu sagen: „Jawohl, das war ein typischer Freitag“.
Deine Freund und Kollege
Tobias Leschke